Stipendiat Vincent mit seinem Feline Holidays Global Engagement Scholarship Zertifikat

Stipendiat Vincent Hauer

Vincent studiert Motion Pictures - Media an der Hochschule in Darmstadt und wurde für das Feline Holidays Global Engagement Scholarship 2024 im Hinblick auf seinen bevorstehenden Auslandsaufenthalt ausgewählt. Seine Entscheidung, in Südkorea zu studieren, beruht auf reiflicher Überlegung und dem klaren Ziel, sein Wissen im Bereich der Medien zu vertiefen und wertvolle Erfahrungen zu sammeln.

Schon lange gehört das Reisen zu Vincents großen Leidenschaften. Er möchte das Leben in verschiedenen Kulturkreisen mit eigenen Augen erleben und daraus lernen. Im kommenden Semester plant er, seiner Neugierde auf Südkorea nachzugehen. Dabei interessiert ihn nicht nur die Geschichte und Geografie des Landes, sondern auch die Flora und Fauna sowie der Lebensstil und die kulturellen Veränderungen. Diese Aspekte will er vollständig aufnehmen und in seine zukünftige Karriere einfließen lassen.

Vincent hat sich zudem das Ziel gesetzt, sich im Rahmen seines Studiums weiterzubilden und neue Perspektiven zu gewinnen. Südkorea hat er als Studienort gewählt, weil das Land international für seine renommierten Filmproduktionen bekannt ist. Er ist zuversichtlich, dass er während seines Aufenthalts eine vielfältige Sichtweise auf sein Handwerk entwickeln kann. Besonders wichtig ist ihm dabei die Art des Storytellings. Mit den in Südkorea gesammelten Erfahrungen möchte er seinen künstlerischen Horizont erweitern und bei zukünftigen Projekten auf einen reichen Wissensschatz zurückgreifen können.

Wir wünschen ihm viel Erfolg dabei und freuen uns schon sehr auf seine Berichte aus Seoul!

Der Halbzeitbericht von Vincent ist da:

1. Einleitung

Der Grund meiner Entscheidung für den Aufenthalt in der Hauptstadt Südkoreas, ist auf ein sorgfältig abgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis meinerseits zurückzuführen. Mit wachsender Popularität in den Medien und der Entertainmentindustrie überwog Seoul meine Entscheidung gegenüber Taipeh. Wegen vorheriger Reisen in Südostasien brachte mich ein 5-stündiger Flug von Hanoi zum ausgelagerten Flughafen in Incheon (ICN). Mein Auslandsaufenthalt konnte beginnen.

2. Erste Eindrücke

Bereits zu Beginn fiel mir die überwältigende Präsenz der koreanischen Schriftzeichen auf. Sie lassen wenig Platz für das europäische Alphabet, sodass sich die direkt-übersetzende Kamerafunktion verschiedener Translator Apps schnell als unabdingbar erweisen sollte. Ein weiteres Stadtphänomen wurde mir bereits bei der Ankunft und dem Besteigen meines Campusberges vorgestellt: Seoul ist eine Stadt der Treppen und Höhenunterschiede, welche in ihrem Ausmaß sogar die erschöpfenden Straßen von San Francisco oder Porto in den Schatten stellt.

Auf der Universität angekommen, gelang das Check-In bei der kostengünstigen und zugleich schäbigen Residence Hall ohne Komplikationen und ich lernte meinen ebenfalls aus Deutschland stammenden Zimmerkollegen kennen. Dass wir mit mangelnder Luftzufuhr, wiederkehrendem Schimmel und ohne Grundausstattungen wie einer Küche, Geschirr oder Bettdecke auf engstem Raum gemeinsam leben müssen, gilt für mich bei dem für die zentrale Lage sehr günstigen Mietpreis von 300€ als fairer Kompromiss, den ich schmerzfrei bereitwillig eingehe. Viel anstrengender ergab sich in den kommenden Wochen die strenge Geschlechtertrennung, sowie das Besucherverbot und die Ausgangssperre von 1:00 – 5:00 Uhr nachts. Bei Missachtung dieser Auflagen folgen „Penalty Points“, die beim zügigen Sammeln den Mietbezug gefährden können, doch wie Studenten eben ticken, haben sich zumindest im Sinne der Ausgangssperre andere Lösungen finden können.

3. Alltag und Aktivitäten

Ein typischer Alltag des Studentenlebens in Seoul beginnt für mich mit einem Frühstück im Dormitory bzw. der Residence Hall. Hierbei greife ich auf das herzhaft-koreanische Essen der hauseigenen Kantine, oder meine im Internet selbst angeschafften Lebensmittel wie Obst, Nüsse, Haferflocken und Joghurt zurück. Anschließend suche ich das Fitnessstudio auf, um mich mit einem Workout und einer anschließenden Yoga-Einheit mental zu sortieren.

Den Tag lege ich grundsätzlich stark nach meinen Vorlesungszeiten aus, welche jeden Wochentag außer donnerstags entweder morgens oder nachmittags stattfinden. Bei einer realistischen Zeitplanung fällt schnell auf, dass die Pufferzeit höher angelegt werden sollte, denn die Größe des Campus, sowie die vielen Kurzgespräche mit zufälligen Begegnungen verleihen dem Tag einen spannenden Unicharakter, welcher in Deutschland weniger gegeben ist. Der Hauptschwerpunkt eines Tages in meinem Auslandsemester liegt meist entweder auf dem Erledigen von akademischen Aufgaben in der Bücherei, welche zahlreiche Möglichkeiten für unterschiedliche Lernumgebungen bietet, oder dem Erkunden der Stadt.

Mein Studium in Deutschland widmet sich dem Filmmaking sowohl vor als auch hinter der Kamera. Kurz vor meiner Ankunft wurde ich darüber informiert, dass derartige Kurse an der Soongsil University zwar angeboten werden, mir jedoch aufgrund der koreanischen Sprachbarriere nicht zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund musste ich auf Kurse der asiatischen Kultur, sowie Medientheorien zurückgreifen. Dieses Schicksal konnte ich durch die Teilnahme an gleich drei Student Clubs zum Positiven wenden. Diese außerschulischen Kurse werden von und für Studenten ausgeführt und widmen sich in ihrer Gesamtheit so gut wie jeder Sportart oder Leidenschaft, die man sich vorstellen kann. Der „Breeze Club“ widmet sich dem kulturellen Austausch aller teilnehmenden (Austausch-) Studenten, während der „Flavor Club“ zahlreiche Tanzarten offeriert und ich im „SEDG Club“ das erste ausländische Mitglied seit der Gründung des vor 65 Jahren ins Leben gerufenen Schauspiel- und Musicalverbandes bin. Die Teilnahme an diesen Organisationen lässt sich für mich als wahres Geschenk beschreiben, da sie mir das Eintauchen in die tiefere Welt der koreanischen (studentischen) Gesellschaft ermöglicht und ich zudem meinen Leidenschaften auch ohne entsprechende Kurswahlen nachgehen kann. Hinzu kommen die Bekanntschaften der über 100 anderen Austauschstudenten, welche trotz dominierender Anzahl deutscher Vertreter, ein großes Spektakel an Interkulturalität bieten.

4. Besondere Erlebnisse:

Neben spannenden Ausflügen in die zweitgrößte Stadt Busan, die demilitarisierte Grenzzone nach Nordkorea (DMZ), einem Ferienaufenthalt in Gangneung und weiteren Trips, überzeugt Seoul vor allem durch seine weitläufige Fläche, die wahnsinnig viele Möglichkeiten schenkt. Selbst im Vergleich zu anderen Metropolen wie Los Angeles, Kuala Lumpur, Singapur oder Bangkok, erscheint mir Seoul außerordentlich groß. Es ist nicht sehr laut und gefüllt – stattdessen erstrecken sich die Wolkenkratzer über einen Bereich, der auch nach einer zweistündigen Busfahrt noch Skylines in unmittelbarer Nähe erkennen lässt. Das hat zum Nachteil, dass jeder Ausflug von einer mindestens einstündigen Reise mit den Öffis begleitet wird und die zur Verfügung stehende Zeit somit genauer kalkuliert werden sollte. Als persönlicher Favorit entpuppte sich für mich das junge Stadtviertel Hongdae, welches nicht nur durch seine lebendige Nachtszene überzeugt. Es ist bunt, offen und kommunikativ, künstlerisch und lebendig.

Einzelne bemerkenswerte Erlebnisse habe ich nach drei Monaten bereits so viele gesammelt, dass deren vollständiges Aufführen an dieser Stelle den Rahmen des Berichtes sprengen würden, doch im Folgenden liste ich einen kleinen Einblick auf:

• Die von militärischen Jets perfekt choreographierte Luftakrobatik als Teil der Militärparade am Tag der Verteidigung (01. Oktober 2024).

• Das gleichzeitige Auftreten einer der schönsten Sonnenuntergänge, sowie roter Blitze und einem aufsteigenden Blutmond auf dem höchsten Berg Busans.

• Das Campusfestival mit verschiedenen Bühnenauftritten bekannter Musiker und zahlreichen Entertainment-Initiativen und Performances der Studierenden.

• Die Vereinigung und Verwandlung von insgesamt 40 Exchange-Students zu einer Bananenkohorte, die an Halloween die Straßen und Clubs von Hongdae beschritten.

• Das Membership Training des Breeze Clubs, welches trotz seines irreführenden Namens einem 24-stündigen Alkoholexzess mit 30 Foreigners und 30 koreanischen Studenten gleichkam.

Nach bereits über zwei Monaten meines Aufenthaltes in Seoul kann ich mit Zuversicht behaupten, die Metropole nicht im Geringsten vollständig erkundet zu haben. Immer wieder entdecke ich neue Orte oder besuche von anderen Studenten vorgeschlagene Gegenden. Während sich die Fahrt dorthin meist als sehr zeitintensiv und langweilig äußert, nimmt der Cityflair in den verschiedenen Regionen und Zentren unterschiedlichste Facetten an. Im Laufe jeder Erkundung darf der Besuch in einem Self-Photo-Studio nicht fehlen: Hier werden professionell Fotos mit lustigen Outfits auf Selbstauslöser-Basis geschossen und unmittelbar ausgedruckt. Das Wetter ist für die Jahreszeit unverhältnismäßig warm und sonnig, sodass auch Outdoor-Aktivitäten wie das Wandern zum N Seoul Tower kein Problem sind.

Es schmerzt mich zu wissen, dass der Weg dieses Lebensabschnitts bereits über die Hälfte beschritten wurde, und ich stimme mich fröhlich ihn die letzten Wochen zu gehen.

Geschrieben von Vincent Hauer